Kategorie: Blog

  • Europäische Geschichte Online

    Europäische Geschichte Online

    Screenshot Europäische Geschichte Online
    Screenshot Europäische Geschichte Online (Startseite)

    Die Website Europäische Geschichte Onlineist ein Projekt der Leibniz Institut für Europäische Geschichte in Mainz.

    Die große Stärke des Portals ist es die komplexe Geschichte Europas ab 1450 in einer übersichtlichen Weise darzustellen.

    Als theoretische Folie dienen hier Forschungsperspektiven wie die transnationale Geschichte und die „entangled Histories“, die Geschichtsschreibung nicht aus einer nationalstaatlichen Perspektive betreiben, sondern auf die Prozesse der Verflechtung zwischen Gesellschaften verweisen.

    In den FAQ heißt es dazu:

    EGO konzentriert sich auf Prozesse von Kommunikation, Interaktion und Verflechtung. Im Zentrum stehen Transferprozesse, die über den individuellen, familiären oder lokalen Bereich hinausreichen und längerfristige Wirkung erlangen. Diese Transferprozesse verfolgt EGO unter anderem in und zwischen den Bereichen von Religion, Recht, Politik, Kunst, Musik, Literatur, Wirtschaft, Technik und Militär, Wissenschaften und Medizin.

    Dazu wählten die Herausgeber eine Menüführung, die die Beiträge über ihre Zuordnung zu einem Jahrhundert (Zeit), einem geographischen Ort (Raum) und über das jeweilige Thema auflisten.

    Screenshot Europäische Geschichte Online (Menüsuche)
    Screenshot Europäische Geschichte Online (Menüsuche)

    Obwohl diese Menüführung einleuchtend ist, hakt es doch an der Umsetzung, denn die Auswahl eines Untermenüpunktes führt nicht etwa zu einer übersichtlich strukturierten Seite, sondern zu einer Gesamtliste aller Beiträge, die in irgendeiner Form dem jeweiligen Menüpunkt zugeordnet wurden. Das wiederum ist kontraproduktiv, denn warum sollte ich mich durch hunderte Suchergebnisse klicken, wenn ich doch eigentlich nichts gesucht, sondern einen Menüpunkt aufgerufen habe?

    Warum die Menüs nicht in ähnlicher Weise strukturiert sind, wie die gut aussehende und intuitiv nutzbare Startseite erschließt sich mir jedenfalls nicht.

    Dennoch: Die Beiträge zu den einzelnen Themen sind durchweg von hoher Qualität und werden durch interne Verlinkung, einer Zusammenfassung zu „Threads“ also thematisch zusammengehörenden Beiträgen und zahlreichen Medienbeigaben (hauptsächlich Bildern) den Anforderungen des Internets weitgehend gerecht.

    Wie docupedia wendet sich auch Europäische Geschichte Online an ein bereits wissenschaftlich interessiertes Publikum und bietet damit eine Ergänzung zu fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen in Büchern und Zeitschriften.

    Es wäre aber schön zu sehen (und an der Zeit), wenn es weitere Initiativen gäbe, die Themen und Inhalte der Geschichtswissenschaft mit einem breite(re)n Publikum diskutieren.

  • Heidelberger Universität richtet die erste Professur für „Angewandte Geschichtswissenschaft“ ein

    Heidelberger Universität richtet die erste Professur für „Angewandte Geschichtswissenschaft“ ein

    An der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg wird zum Wintersemester 2012 die erste deutsche Professur für „Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History“ eingerichtet.(c) Universität Heidelberg - Kommunikation und Marketing
    An der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg wird zum Wintersemester 2012 die erste deutsche Professur für „Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History“ eingerichtet. Bild (c) Universität Heidelberg – Kommunikation und Marketing

    Irgendwann im Laufe meines Studiums der Geschichtswissenschaft stellte ich in Gesprächen mit Freunden und Bekannten fest, wie wenig dessen, was in der historischen Forschung diskutiert wird, eigentlich in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

    Das ist auf der einen Seite verständlich, denn die Ausdifferenzierung der Forschung führt zu kleinteiligen Untersuchungen, deren Publikum mit einer „handvoll Wissenschaftler“ vermutlich schon zu hoch veranschlagt ist. Auf der anderen Seite wundert man sich als Historiker doch über die fehlende Präsenz von Geschichte und Geschichtswissenschaft im medialen Mainstream – abseits von Guido Knopp.

    Dass dieser Umstand bedauerlich ist, leuchtet jedem Historiker ein, der sich nicht im Elfenbeinturm eingeschlossen und die Tür verriegelt hat.

    Doch bisher gab es kaum Initiativen um diesen Umstand zu beheben – was sicher mit der latenten Medienfeindlichkeit (wer einmal in einer Talkshow saß, hat seinen guten Ruf verdorben) der scientific Community zu tun hatte.

    Daher ist es umso erfreulicher, dass Ansätze, die – mal wieder – aus der anglophonen Geschichtswissenschaft nach Deutschland kommen, langsam Gehör finden. Hier handelt es sich um die „Public History“ bzw. „Angewandte Geschichtswissenschaft“. Dass diese Ansätze durchaus Gefahren bergen (Kommerzialisierung der Geschichtswissenschaft und eine allgemeine argumentative Verkürzung) soll nicht davon ablenken, dass mithilfe einer Geschichtswissenschaft, die sich ganz bewusst an die Öffentlichkeit wendet, wenigstens die Grundlage eines Dialoges zwischen Wissenschaft und Gesellschaft geschaffen ist.

    In der FAZ gab es nun, anlässlich der ersten deutschen Professur für „Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History“, vor ein paar Tagen einen Artikel zum Thema und auch auf Docupedia werden die neuen Ansätze diskutiert.

  • “Geschichte im Internet”

    “Geschichte im Internet”

    Screenshot "Geschichte im Internet"Habt ihr bei Google schon mal den Suchbegriff “Geschichte im Internet” eingegeben? Noch nicht? Es erscheint auf Platz eine Seite, die eine Linksammlung verspricht und den Titel “Geschichte im Internet” trägt:

    Das Verzeichnis „Geschichte im Internet“ wurde Anfang 1995 von Stephanie Marra gegründet. Gegenwärtig befindet sich das Angebot auf dem Webserver der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Dortmund. Es handelt sich um den ältesten geschichtswissenschaftlichen Webkatalog im deutschsprachigen Raum, der bis heute kontinuierlich gepflegt und ausgebaut wird. 2001 erfolgte die Umstellung des Katalogs auf ein datenbankbasierendes Redaktionssystem.

    Aha. Vielleicht hätte man sich die Umstellung auf die Datenbank sparen sollen, denn es gibt offensichtlich einen Datenbankfehler. Jeder einzelne externe Link führt zu einem Fehler.

    Screenshot "Geschichte im Internet" - Fehlermeldung

    Ein treffenderes Beispiel für die stiefmütterliche Behandlung des “WorldWideWebs” durch Universitäten, Behörden und historische Institute kann man sich kaum ausdenken. Da vegetiert also eine gewaltige Linksammlung vermutlich auf dem Stand von 2001 vor sich hin und niemand kümmert sich drum.

    Das schlimme daran ist: Irgendwann in gar nicht so ferner Zukunft werden solche Institutionen in übersteigertem Aktionismus versuchen das Onlinevakuum zu füllen in dem sie viel Sinnloses machen und dafür viel Geld ausgeben. Anstatt sich schrittweise den technischen Möglichkeiten und den Bedürfnissen der Nutzer anzupassen.

  • annefrank.org

    annefrank.org

    Ein Beispiel für eine wirklich gelungene Webseite mit historischem Hintergrund ist die Seite der Anne Frank Stichting: annefrank.org.

    Neben praktischen Informationen zum Museum in Amsterdam und weiterführenden Informationen zur Arbeit der Stiftung sind es vor allem die fundierten und gut aufbereiteten Informationen zu Anne Franks Geschichte, die einen überzeugenden Eindruck der Webseite hinterlassen. Hier zeigt sich welche Möglichkeiten Geschichtsvermittlung im Internet hat – und wie sie auf viel zu vielen Seiten ungenutzt bleiben.

    Screenshot annefrank.org
    Screenshot „Zeitleiste“ auf annefrank.org

    Großartig umgesetzt ist beispielsweise die in sieben Sprachen verfügbare Zeitleiste, in der vorbildlich die Geschichte der Familie Frank mit jener Mitteleuropas verbunden wird.
    Interaktive Elemente laden dazu ein, auf Entdeckungstour zu gehen und helfen dabei, das bestehende Wissen zu kontextualisieren.

    Screenshot annefrank.org
    Screenshot „Hinterhaus Online“ auf annefrank.org

    Einen ähnlichen Weg, der noch stärker auf die Interaktion mit den Nutzern setzt, ist das Hinterhaus Online. In einem 3D-Modell des rekonstruierten Hauses können die Nutzer die eingerichteten Räume des Verstecks der Familie Frank erkunden. Ein einführendes Video informiert zunächst über die Gründe für die Flucht und das Versteck und dann kann der Weg durch den Bücherschrank direkt in das Haus gewählt werden.

    Im Innern können sich die Nutzer frei durch die engen Räume bewegen. Symbole zeigen weitere Informationen an. Kurze Filme sollen den Alltag Annes und ihrer Familie deutlich machen.

    Dieser virtuelle Rundgang zeigt, wie gut neue Medien zur Geschichtsvermittlung eingesetzt werden können und ist in diesem Sinne vorbildlich.

    Darüber hinaus beweist auch die intuitive Menüführung und das aufgeräumte Design, dass annefrank.org Maßstäbe für die Onlinepräsenz von Museen setzt.

    Völlig zurecht gewann die Webseite daher 2010 den Webby Award in der Kategorie “Best Cultural Institution”.

    Ein sehr interessanter Teil der Webseite ist die Kategorie Inspiration, in der die Nutzer sich mit den Facebook- und Youtube-Seiten des Museums verbinden, Spenden an das Museum entrichten und auf kreative Art mit ihren Eindrücken umgehen können.

    So gibt es die Möglichkeit seinen Gefühlen durch ein Bild oder ein Text Ausdruck zu verleihen oder sich am Anne Frank Baum zu verewigen.

    Screenshot annefrank.org
    Screenshot „Anne Frank Baum“ auf annefrank.org

    Die Geschichte der Familie Frank lädt schon seit der Veröffentlichung des Tagebuchs der Anne Frank Menschen dazu ein, sich mit Verfolgung, Ausgrenzung, Antisemitismus und Faschismus zu beschäftigen. Die Webseite der Anne Frank Stiftung macht auf vorbildliche Weise deutlich, wie das auch mithilfe der neuen Medien funktioniert.

    Fazit: Diese Seite setzt Maßstäbe.

  • Docupedia

    Docupedia

    Docupedia Zeitgeschichte

    ist ein Nachschlagewerk zu zentralen Begriffen, Konzepten, Forschungsrichtungen und Methoden der zeithistorischen Forschung. Vorgestellt wird das Spektrum der in der zeithistorischen Forschung behandelten Themen und der damit verbundenen methodischen Fragen und Zugriffe. Dokumentiert werden Debatten, von denen Impulse für Forschungspraxis und Selbstverständnis des Faches ausgegangen sind. Dabei bezieht Docupedia-Zeitgeschichte auch theoretische Ansätze aus benachbarten Disziplinen mit ein.

    heißt es in der  Selbstdarstellung der Seite.

    Die Seite bietet für viele zeitgeschichtliche Themen einen eleganten Einstieg und fundierte Informationen zu aktuellen Forschungsthemen. Bereits jetzt, 3 Jahre nach dem Launch der Seite, konnten zahlreiche Historiker als Autoren gewonnen werden, so dass sich für Studenten der Geschichte eine echte Alternative zur Wikipedia-Nutzung am Horizont zeigt, das die Anforderungen zitierfähiger Quellen aus dem Internet erfüllt. (mehr …)

  • “Kalter Rausch der Bilder”: Die Propagandakompanien der Wehrmacht und die “geistige Mobilmachung”

    “Kalter Rausch der Bilder”: Die Propagandakompanien der Wehrmacht und die “geistige Mobilmachung”

    „Embedded Journalists“ – zivile Kriegsberichterstatter, die in Uniform bestimmten militärischen Einheiten zugewiesen sind – sind kein Phänomen der modernen Kriegsführung im Irak und in Afghanistan. Wenn demnächst wieder eine Reportage über den Zweiten Weltkrieg über ihren Bildschirm flimmert, können sie sich fast sicher sein: sie sehen teilweise Bilder und hören Töne, die durch eine eigene Einheit der Deutschen Wehrmacht produziert wurden, von Journalisten in Uniform im Auftrag des „Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“.

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  • Rechtsterrorismus: “Historikerstreit” reloaded?

    Sie ist wieder da. Die altbekannte Argumentation, der Nationalsozialismus sei wesentlich eine Reaktion auf die Schrecken kommunistischen Terrors. Durch eine Hintertür findet sie wieder Eingang in die Analyse des heutigen Rechtsextremismus. (mehr …)

  • Die Aufgabe als Historiker, das Unsagbare sichtbar zu machen

    Die Aufgabe als Historiker, das Unsagbare sichtbar zu machen

    Jean-Francois Lyotard (c) Bracha L. Ettinger / CC-BY-SA 2.5 Lizens
    Jean-Francois Lyotard (c) Bracha L. Ettinger / CC-BY-SA 2.5 Lizens

    Vor 30 Jahren sprach Francois Lyotard als erster in seinem Bericht „Das postmoderne Wissen“[1] vom „Ende der großen Erzählungen“ und prägte damit nicht nur einen Begriff sondern auch eine, noch heute sehr einflussreiche philosophische Denkrichtung.

    Mit der „Postmoderne“ wurde der Identitätskrise des Kollektivs in der Zeit nach Auschwitz ein Name gegeben. Gesellschaften, so die Annahme, bedienten sich seit jeher immer wieder der so genannten „großen Erzählungen“ um sich selbst zu legitimieren und den inneren Zusammenhalt durch ihre „gemeinsame Geschichte“ zu formen. Dass diese Geschichte aber kein Abbild der Wirklichkeit sondern gefiltertes „Erzählen“ über„Geschichte“ ist, betont Lyotard in seinem Werk und bringt so den Historiker und seine gesellschaftliche Aufgabe in Bedrängnis. (mehr …)

  • Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen – Die anbrechende Moderne in Rainer Maria Rilkes ‚Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge‘

    Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen – Die anbrechende Moderne in Rainer Maria Rilkes ‚Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge‘

    Es ist nur so, als fände man in einem Schubfach ungeordnete Papiere und fände eben vorderhand nicht mehr und müßte sich begnügen. Das ist, künstlerisch betrachtet, eine schlechte Einheit, aber menschlich ist es möglich, und was dahinter aufsteht, ist immerhin ein Daseinsentwurf und ein Schattenzusammenhang sich rührender Kräfte.[1]

    Rainer Maria Rilkes erster Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ entstand in der Zeit von 1904 – 1910. Sechs aufreibende Jahre arbeitete Rilke an seinem Werk. Es blieb Rilkes einziger Roman und nimmt so eine Sonderstellung in Rilkes Lebenswerk ein. Aber nicht nur dort: Von einigen Wissenschaftlern wird es als „epochemachendes“ Werk bezeichnet, das am Anfang der literarischen Moderne in Deutschland steht.[2]

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  • 50 Jahre Unabhängigkeit des Kongo

    Vor 50 Jahren wurde die ehemalige belgische Kolonie Kongo in die Unabhängigkeit entlassen. Seit 1885 gehörte das Gebiet zum Privateigentum des belgischen Königs Leopold II. Dieser herrschte mit menschenverachtender Grausamkeit. Zu dieser Zeit war Kautschuk der wichtigste Rohstoff des Landes. Bei Untererfüllung des Liefersolls wurden den Menschen die Hände abgehackt. Bei Widerstand wurden ganze Dörfer ausgelöscht. Es gibt Schätzungen, denen zufolge in der Zeit von 1885-1908 5 – 10 Millionen Menschen ihr Leben ließen. Die Gräueltaten wurden von anderen Kolonialmächten propagandistisch ausgeschlachtet. Joseph Conrads Roman „Herz der Finsternis“, in dem die Grausamkeit der belgischen Kolonialherrschaft beschrieben wurde, führte zu einem großen Echo in Europa. Unter dem öffentlichen Druck auch im eigenen Land übergab Leopold II 1908 seinen „Privatbesitz“ in die Hände des belgischen Parlamentes. Die Morde und Folter wurden seitdem weniger systematisch eingesetzt, es gab auch erste Versuche einer „Zivilisierungsmission“, aber die systematische Entrechtung und Ausbeutung der Kolonie setzte sich fort. (mehr …)